Schützenverein Niedersachsen Göttingen
Schützenanger 20

37081 Göttingen

 

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Rede Harald von Schenckendorf

Liebe Schützenbrüder,

Bis in die Zeit nach dem 1.Weltkrieg gab es in Göttingen zwei Schützenvereine: die Bürgerschützengesellschaft und den Schützenverein von 1863. Die militärischen und polizeilichen Aufgaben der Schützen waren entfallen.Sie hatten nur noch die Aufgabe,das traditionelle Volkstum aufrecht zu erhalten und den Schießsport zu fördern und zu pflegen. Erst durch die politische und staatliche Neuordnung des Deutschen Reiches (Weimarer Republik) fanden sich Bürger aus gemeinsamer, politischer und traditioneller Gesinnung zusammen und gründeten Anfang der zwanziger Jahre weitere Schützenvereine. So waren es auch überwiegend Göttinger Bürger, die in enger Verbundenheit zu dem im Jahre 1866 (Schlacht von Langensalza) zerschlagenen Königreich Hannover und dem Hannoverschen Landadel den zweiten Göttinger Schützenverein, unter dem Namen „Schützenverein Niedersachsen Göttingen“, vor fast auf den Tag genau 100 Jahren, am Sonntag,den 21.08.1921, in der Gaststätte „Sachsenroß“ (Lange Geismar Str.) gründeten. Gründungsmitglieder waren die Herren Gennerich, Hettenhausen, Güllenbeck, Lührig, Pflüger, Meyer, Weiland, Suchfort sowie Freiherr von Wangenheim und Georg Freiherr von Adelebsen, letzterer als Schirmherr und Ansprechpartner für den Verein von 1921 bis zu seinem Tod im Jahre 1957. In den politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten nach dem 1.Weltkrieg war es schon schwierig, einen jungen Verein zu führen. Im Jahr 1925 erfolgte die Eintragung des Schützenvereins Niedersachsen in das Vereinsregister der Stadt Göttingen. Durch respektable Schießergebnisse und den Beitritt zum „Sollinger Schützenbund“ im Jahre 1925 konnte unser Verein sein Ansehen stärken und bei den alteingesessenen Schützen der Bürgerschützengesellschaft und dem Schützenverein von 1863 Vertrauen erwerben. 1926, anläßlich des 5-jährigen Stiftungsfestes, wurde im Maschpark die erste Fahne der „Niedersachsen“ geweiht. Im Jahr 1932 wurde mit dem Schützenbruder Wilhelm Lange der erste „Niedersachse“ in das Schafferamt der Bürgerschützengesellschaft gewählt. In der Zeit des Nationalsozialismus erfolgte auf allen Gebieten des sportlichen Lebens eine diktatorische Beeinflussung. Die Schützenvereine verloren weitestgehends ihre Selbstständigkeit und mussten um ihre Existenz bangen, durften aber gleichwohl ihren Namen behalten. Die gesamte Jugendarbeit musste an die „Hitlerjugend“ abdelegiert werden. Über Vereinsaktivitäten ab 1939 ist wenig bekannt. Offensichtlich kam der Schießbetrieb bis 1944 nicht gänzlich zum Erliegen,denn die„Niedersachsen“ schossen bis zum Jahr 1944/45 ihren König aus . Letzter Zeitzeuge dieser Epoche war unser Schützenbruder Hermann(Männe) Hepe, der seit seinem 12.Lebensjahr (1937) und aufgrund besonderer familiärer Umstände im 1927 erbauten Göttinger Schützenhaus lebte und sich dort auf den Schießständen ein kleines Zubrot verdiente(pro Tag eine Mark !!): Ich hatte das Glück und die einmalige Gelegenheit, mich mit Männe über diese Zeit lange zu unterhalten. Diese Gespräche sind dokumentiert und geben unglaubliche Einblicke in die Zeit des Göttinger Schützenwesens in den dreißiger und vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Nach dem 2.Weltkrieg waren zunächst von den Siegermächten jegliche schießsportlichen Aktivitäten verboten. Mit allerlei Tricks und viel Glück hat der Schützenverein Niedersachsen seine Vereinsfahne in die Nachkriegszeit retten können. Wer mehr darüber wissen möchte, sollte das Gespräch mit unserem Schützenbruder Günter Kloppmann suchen. Die treuen Niedersachsen pflegten unter ihrem Vorsitzenden, August Meyer, in dieser Zeit aber weiterhin Geselligkeit und Kameradschft. Erst im Jahre 1949 gestattete die Militärregierung die Neugründung der Bürgerschützengesellschaft Göttingen, nun als Dachorganisation des Göttinger Schützenwesens. Am 31.Mai 1949 fand die erste Vereinsversammlung nach dem Krieg im „Niedersächsischen Hof“ statt, auf der der Schützenbruder August Meyer zum 1.Vorsitzenden gewählt wurde. Das erste Göttinger Schützen-und Volksfest feierten die Schützen vom 23.07. bis 03.08. 1949.....wenn die Erinnerung von Männe Hepe zutreffend ist, dann „ersoff“ diese Veranstaltung in Starkregen und Schlamm, und zwar in einer fast biblischen Ausprägung, sodass der gesamte Festplatz mit Ästen und allerlei Blattwerk ausgelegt werden musste, um den Schützen und Besuchern das Betreten von Festplatz und Festzelt einigermaßen trockenen Fusses zu ermöglichen !! Da das Schießen mit Gewehren zu dem Zeitpunkt noch nicht erlaubt war und das immerhin über vier Jahre nach Kriegsende !! wurde ein Königsschießen mit der Armbrust durchgeführt ( Zitat M.Hepe : für das Spannen dieser Armbrust waren drei Schützen nötig..!!!). Der „Niedersachse“ Heinrich Stuhke errang diese einmalige BSGKönigswürde. Erster Vereinskönig , ebenfalls mit der Armbrust, wurde 1949 der Schützenbruder August Meyer. Viele Schützenbrüder sollten bis auf den heutigen Tag folgen, manche schafften es zweimal, sehr wenige dreimal, keiner viermal, aber einer fünfmal...Chapeau !! In den fünfziger und sechziger Jahren erlebte der Schützenverein Niedersachsen in schießsportlicher und gesellschaftlicher Hinsicht einen steten Aufschwung, was sich auch in der steigenden Anzahl von Mitgliedern niederschlug. Es war die Hochzeit der Schützenvereine, die ihre Schützenfeste mit der ganzen Stadt feierten....mit der Universität, mit der Bundeswehr, mit der Handwerkerschaft, mit den Stadtwerken und mit dem Göttinger Tageblatt. Und so ein Schützenfest dauerte auch etwas länger als von Freitag bis Montag....!!! So blühte auch das Vereinsleben in jener Zeit. Vorsitzende wie August Meyer, Karl Helmbrecht, Heinrich Linnemann, Alfred Grützmacher, Siegfried Schneider, Ulrich Wiegand und Frank Lipphardt haben den Schützenverein Niedersachsen bis auf den heutigen Tag sicher geleitet, wenn auch in den letzten Jahren unter erschwerten Bedingungen. Im Jahr 1954 wurde eine Jungschützenabteilung unter der Leitung von Heinrich Oberdiek neu aufgebaut. Schon im Jahr 1924 verfügte der Schützenverein Niedersachsen, als erster Göttinger Schützenverein überhaupt, über eine respektable Anzahl von Jungschützen. So bestand diese „Oberdiek-Truppe“ in den ersten Jahren aus insgesamt 26 Jungschützen.....undenkbar für heutige Verhältnisse !! Was diese Jugendarbeit über die vielen Jahre aber so einmalig macht: nach weit über 60 Jahren sind Schützenbrüder wie Günter Kloppmann, Helmut Wahner, Manfred Lipphardt, Jürgen Margraf,Fritz Schramm und Siegfried Schneider aktive Mitglieder und haben sich über viele Jahre in der Vorstandsarbeit auf Vereins- und Kreisebene engagiert, getreu dem Motto „Niedersachse sein, heißt treu sein!“. Ab den fünfziger Jahre blieben dann auch die schießsportlichen Erfolge nicht aus. Sowohl Jungschützen als auch Schützen fanden sich in den Siegerlisten, ob auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene. Im Jahr 1953 stellte der Schützenverein Niedersachsen mit Robert Uhde, Walter Schelp und Otto Wartenberg das komplette BSG-Königshaus. Seit 1954 bestanden und bestehen freundschaftliche Beziehungen zu anderen Schützenvereinen wie etwa zur „Schützengesellschaft Niedersachsen von 1909 Hannover“, später dann zur „St.SebastianSchützen-Gesellschaft Ehrenbreitstein“ , zum Schützenverein Gailnau, dem Schützenverein Holtensen und „aktuell“ zum Schützenverein Maschen. Unter der Organisation von Alfred Grützmacher besuchten die „Niedersachsen“ in den Jahren 1980 und 1989 die Steubenparade in New York, mit Abstechern nach Florida, Disney World, Cape Caneveral und Hawaii. Andere Fahrten führte u.a. bis nach Thailand !! Auch die unzähligen Vereinsausfahrten, organisiert von Erwin Rannenberg, sollten nicht unerwähnt bleiben. Als Ausgleich zum Schießsport wurde und wird bei den „Niedersachsen“ auch Wert auf Geselligkeit gelegt. So wurde 1971 der Kegelclub der „Niedersachsen“, denen Alfred Grützmacher als Kegelvater vorstand. Viele Schützenbrüder werden sich auch hier an die zahlreichen Ausfahrten gerne erinnern. Aber auch das Kartenspiel oder das „SchweineKnobeln“ findet Anklang bei den Schützenbrüdern. So ist besonders das alljährliche Preisknobeln ein gefragter Termin im Veranstaltungskalender des Vereins. Am 10.August 1982 erschien in 1.Ausgabe der Niedersachsen-Kurier, als Mitteilungsblatt des Schützenvereins Niedersachsen. Schützenbrüder wie Alfred Grützmacher, Peter Herbst, Gerd Sylla, Ewald Otte, Ulrich Wiegand, Fritz Schramm und Reinhold Schmied machten den „Niedersachsen-Kurier“, mittlerweile im 40.Jahrgang/ Ausgabe 158, zu einer Vereinszeitung, die, zumindest innerhalb der Bürgerschützengesellschaft, ihresgleichen sucht. In den neunziger Jahren bis zum heutigen Tag sollte der Schützenverein Niedersachsen neben Erfreulichem auch mit Geschehnissen konfrontiert werden, mit denen niemand in dieser Ausprägung rechnen konnte. Im Jahr 1991 feierte der Verein sein 70jähriges Bestehen. Seit 1978 stand der Schützenbruder Alfred Grützmacher an der Spitze seiner Niedersachsen und setzte bis zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 1997 Maßstäbe. Nebenher war er in all den Jahren stets bemüht, Vergangenes und wie Aktuelles zu archivieren, um es für spätere Generationen zu erhalten. Nach fast 20 Jahren Vorstandsarbeit übergibt er die Verantwortung an seinen Nachfolger Peter Hillebrecht. Als dieser im August 1997 unter tragischen Umständen ums Leben kam, war es wieder Alfred Grützmacher, der kommissarisch an die Spitze des Vereins rückte. Auf der Jahreshauptversammlung 1998 wurde der Schützenbruder Siegfried Schneider zum 1.Vorsitzenden gewählt. Ihm zur Seite stand der Schützenbruder Ulrich Wiegand. Die Zeiten des Schützenwesens sollten in der Folgezeit, aufgrund furchtbarer Geschehnisse im Zusammenhang mit Waffenmißbrauch,ungemütlich werden und die Schützen in Erklärungsnot bringen. Es herrschte ein Klima der Konfrontation und gab den Menschen,die schon immer etwas gegen das Schießen an sich hatten, reichlich Nahrung. Die Schützenvereine erfuhren von vielen Seiten offene Ablehnung. Auch das Interesse der Bevölkerung an Veranstaltungen wie Schützenfest oder Festumzug oder Tag der Offenen Tür ließ sichtbar nach. Die Möglichkeiten, Jugendliche für den Schießsport zu begeistern, war ein fast aussichtsloses Unterfangen. Staatliche Auflagen und ein modifiziertes Waffenrecht komplettierten eine angespannte Gemengelage. Eine Umarbeitung der Vereinssatzung wurde unumgänglich. Es war das Verdienst von Siegfried Schneider,dass er in dieser schwierigen und belastenden Zeit seine „Niedersachsen „mit sicherer Hand führte und dabei den Teamgeist förderte. Mit der Wahl von Ulrich Wiegand im Jahr 2005 vollzog sich im Vereinsvorstand ein Generationswechsel...das Durchschnittsalter seiner Mitglieder wurde immerhin um 15 Jahre gesenkt. Im gleichen Jahr war der Schützenverein Niedersachsen,wenn auch ungewollt, in den Medien präsent. Dem amtierenden Vereinskönig. Wolfgang Ruwisch, wurde aus seinem Haus, und auch noch am helllichten Tag, die Königskette gestohlen. Die Suche der Polizei nach dem Täter blieb erfolglos, sodass der Vorstand die Schützenbrüder Alfred Grützmacher und Reinhold Schmied beauftragte, sich in Zusammenarbeit mit der Goldschmiedemeisterin, Monika Mühlhausen, um eine neue Königskette zu kümmern. Diese neue Königskette wurde dann zum Schützenfest 2006 der Öffentlichkeit präsentiert. Süffisanterweise wurde jene gestohlene historische Königskette später im beschädigten und verdreckten Zustand im Levinschen Park gefunden und befindet sich heute als Leihgabe im Städtischen Museum am Ritterplan. Im August 2012 sollte den Verein ein weiterer Schicksalsschlag treffen: Durch einen tragischen Unglücksfall verstarb der 1.Vorsitzende , Ulrich Wiegand. Der bisherige 2.Vorsitzende,Frank Lipphardt, wurde auf der Jahreshauptversammlung 2013 zum neuen 1.Vorsitzenden gewählt und ist es auch gottseidank noch bis auf den heutigen Tag !! Das wäre nun für meine kleine Rede der passende Schluss.Aber meistens kommt es anders als man denkt...!! Im Frühjahr 2020 kam das Virus, kam COVID-19, kam Corona....... Auf unbestimmte Zeit standen die Räder still, kam das Vereinsleben zum Erliegen. Unser Schützenbruder Reinhold Paul verstarb am 1.März 2020 und niemand durfte zur Beerdigung. Seine Tage verbrachte man nun in den eigenen vier Wänden und das in der Rückschau weit über ein Jahr. Die alltäglichen Abläufe des Lebens bestimmte fortan das Pandemiegeschehen. Die geplanten Feierlichkeiten anläßlich des Vereinsjubiläums...alles Makulatur. Das wir hier heute sitzen dürfen und in aller Bescheidenheit unsere Majestät nach zwei Königsjahren ins Exil schicken, ohne dass er etwas von seinem Königsjahr gehabt hat, ist schon eine große Ungerechtigkeit und keinem künftigen König zu wünschen ,aber auch dem Umstand geschuldet, dass es etwas gebracht hat,dass wir uns an die Regeln gehalten und uns haben impfen lassen. Inzwischen hat sich die Gemengelage deutlich entspannt. Auch deswegen dürfen wir hier sitzen und wenigstens ein bißchen feiern und uns auf unser neues Königshaus freuen und auf ein „saferes“ 2022. Denn dann holen wir alles nach und feiern unser 100jähriges Jubiläum. Und so gehen wir zuversichtlich und optimistisch ins zweite Jahrhundert unserer Vereinsgeschichte